Paul Albert Glaeser-Wilken (Breslau 1874 – Groß Buchholz bei Perleberg 1942) 

 

Der Schauspieler und Spielleiter (Theaterregisseur) Paul Albert Glaeser-Wilken hatte seine ersten Auftritte am Lobetheater zu Breslau, wovon er an das dortige Stadttheater wechselte. Im schlesischen Breslau war er am 3.08.1874 unehelich als Paul Albert Glaeser zur Welt gekommen. Seine Mutter, eine Inspektorstochter namens Glaeser, und sein Vater aus der Familie derer von Gersdorff oder derer von Unruh, hatten für den Jungen ein Jurastudium im Sinn, wohl, um ihm nach der Ausbildung die Geschäfte auf einem der Güter der Familie zu übertragen. Es könnte sich um Wilka gehandelt haben, was den später angenommenen Doppelnamen Glaeser-Wilken erklärte (die Mutter nahm das Geheimnis der Vaterschaft mit ins Grab). Die Eltern konnten ihre Vorstellungen nicht durchsetzen (falls man hier von einer einheitlichen Vorstellung sprechen kann; zu unterschiedlich dürften die Interessen der adeligen Familie und der wohl ungewollt schwanger gewordenen Inspektorstochter gewesen sein), da sich der junge Mann in Breslau zwar für die Jurisprudenz immatrikulierte, jedoch schon bald für das Theater entschied.

Der junge Schauspieler bereiste mit und ohne Theaterensemble zu Beginn des 20. Jahrhunderts den Ostseeraum. In Elbing lernte er 1910 die einer aus Schweden gekommenen und seit 1712 in Danzig ansässigen Reederfamilie entstammende Lehrerin und Schauspielerin Lisbeth Wirtson (1887 Danzig -1977 Lübeck) kennen, die, gleich ihm, für die Spielzeit 1910/11 am Elbinger Stadttheater ein Engagement hatte. Das junge Paar heiratete gegen den Willen der Wirtson-Eltern 1913 in Riga, wo Glaeser-Wilken zur damaligen Zeit am dortigen Deutschen Theater engagiert war. Paul Albert Glaeser-Wilken nahm seine junge Frau mit nach Berlin, um am Rose-Theater zu spielen. Zuvor gab es Zwischenstationen, u.a. an den Stadttheatern zu Köthen (Anhalt), Erfurt, Meiningen und Rostock (1915-1919/20), wo zwei Töchter und der Sohn Heinz Edgar zur Welt kamen.

Der Sohn erinnerte sich, dass Paul Albert Glaeser-Wilken Schiller, G. Hauptmann, Holtei, Sudermann und Wildenbruch gespielt und in mehreren Theatertücken nach Hauptmann, Ibsen und Sudermann Regie geführt habe. In den 1920er Jahren gastierte er u.a. in Erfurt, Meinigen, Köthen (Anhalt) und Stuttgart. Danach erhielt er Engagements am Rose- und Walhalla-Theater Berlin sowie am Theater am Schiffbauer Damm zu Berlin. Nach Ausbruch seiner Krankheit, die ihm eine weitere Karriere als Schauspieler unmöglich machte, verdiente Glaeser-Wilken seinen Lebensunterhalt mit Sprechunterricht.

Lisbeth Glaeser-Wilken hatte bereits 1907 in Danzig ein Lehrerinnenexamen abgelegt, unterrichtete zeitweise und verdiente auch mit der Schauspielkunst und Orgelspiel Geld, da ihr Mann Ende der 1920er Jahre schwer erkrankte. (Alle drei dieser Verbindung entstammenden Kinder wurden übrigens später Lehrer_innen für die Deutsche Sprache, jeweils mit den Studienfächern Germanistik und Romanistik). Ihr ist es sicherlich zu verdanken, dass die Familie in dieser Zeit über die Runden kam. Während der Wirtschaftskrisen in den 1920er Jahren verlor die Familie Wirtson ihr gesamtes Vermögen und musste ihre Schiffe verkaufen. Die Schauspielerfamilie Glaeser-Wilken konnte somit auf eine Unterstützung der nunmehr verarmten Verwandtschaft nicht hoffen. 1940 kam die Familie Glaeser-Wilken, vorsorglich auf der Flucht vor den Bombardements der Stadt, mit den beiden Töchtern aus Berlin in Groß Buchholz (bei Perleberg) an. Der Sohn war bereits als Soldat im Krieg. Seine Rückkehr erlebte Paul Albert Glaeser-Wilken wegen seines Todes am 4.08.1942 nicht mehr.

Unter den Nachfahren des Schauspielers und Spielleiters ist der Schriftsteller             

Paul Alfred Kleinert (Jahrgang 1960).

 

 

Neben dem handschriftlichen Nachlass des Schauspielers und Regisseurs, der sich im Archiv des Perleberger Museums befindet, findet sich die weitere Hinterlassenschaft an Büchern und Theaterdokumenten zu Teilen in der theaterwissenschaftlichen Abteilung der Bibliothek des Johann Timotheus Hermes Bibliophilenverbandes Wien (VIII), im Gerhart-Hauptmann-Museum in der Villa Lassen zu Erkner und in Familienbesitz.